Puh
– hier nun Teil 2 zum Thema „wir vermehren uns – uaaaaa“
Die
ersten drei Monate waren bestimmt von Schock (schwups, schwanger – jetzt in
echt), Unglaube (nee, echt?), (fast totaler) Geheimhaltung, Ratlosigkeit (was
müssen wir denn nun tun?), ersten Arztbesuchen, Informationssuche und
Nebenwirkungen.
Die
erste weit verbreitete Missinformation nervte mich schon recht früh: die 9
Monate der Schwangerschaft… ES SIND 10 MONATE! Wieso wird denn überall von 9
gesprochen? Vielleicht weil man es den
ersten Monat oft noch nicht ahnt? Egal – es bleiben trotzdem 10.
Befremdlich
fand ich viele Internet-Paare, die anscheinend aus zwei schwangeren Wesen
bestehen. Eines davon ein Mann!?! Keine Ahnung wie das geht, aber viele Paare
verkünden: „wir sind schwanger“. So ein Blödsinn!
Was
ich auch befremdlich finde, ist die Abkürzungskultur in Eltern-Foren: SS für
Schwangerschaft. Hhhhmm – ist das noch keinem aufgefallen? Das ist doch
beknackt! Ok, aber das nur am Rand.
Meine
Symptome
Ich
hatte recht früh schon – vor dem ersten Arztbesuch – Schwangerschaftssymptome.
Ich
war müder – das schlich sich so langsam ein.
Zusätzlich
hatte ich zu den unmöglichsten Zeiten eine Art Spontanunterzucker (2 Uhr
nachts, 5 Uhr nachts, 6 Uhr morgens, …) und schlafen konnte ich irgendwie seit
Anfang der Schwangerschaft nicht so richtig gut. Also noch müder als durch die
Schwangerschaftsmüdigkeit allein. Und erst die Reduktion der täglichen
Kaffeemenge!
Übelkeit
– nicht diese schlimme von der man immer hört. Aber ein bisschen übel war mir
manchmal.
Verkorkster
Appetit. DAS war schlimm! Hunger und kein Appetit! Ich hatte nur Appetit auf
Pudding und Pommes – viel mehr konnte ich nicht ertragen. Na toll – soviel zu
gesunder Ernährung in der Schwangerschaft…
Nahrungsgerüche
– ging auch alles gar nicht. Der arme Held musste immer allein essen und auch
schnell alles wieder wegräumen, weil ja sonst die Küche so „stank“.
Mein
Bauch zog immer mal wieder – das Internet verriet mir, dass das normal ist (ich
sag nur Mutterbänder).
Meine
Haut drehte durch – trocken, schuppig, Haarausfall, Herpes, …
Dauernde
Schnief-Nase.
Das
Thema Appetit wurde später noch schlimmer. Gelüste hatte ich keine, aber meine
vegane Ernährung konnte ich vergessen, als die Phase „Käsewiener“ anfing.
Träume von Teewurst, Bock auf Mettbrötchen und Phantasierereien von rohem
Fisch. Ich hielt es nicht mehr aus. Appetit auf nichts Vernünftiges und diese
Lust auf Tier… Ich gab nach. Mit Reue, aber ja – ich gab nach und die 2-wöchige
Phase der Käsewiener begann. Nix mehr mit Veganerin.
Da
mein Frauenarzt Urlaub hatte, dauerte es, bis ich eine erste
Untersuchung/Feststellung der Schwangerschaft hatte. Also offizielle
Feststellung. Dem Helden und mir war gleich klar, dass ich schwanger bin (dem
Helden noch vor mir). Ich theoretisierte noch „kann ja auch eine
Eileiter-Schwangerschaft sein, oder ein Windei, oder oder oder“ und wollte mich
diesem schwanger-sein noch nicht überlassen. Dann beim Arzt in
Schwangerschaftswoche 9 war es offiziell – schwanger.
Ich
fand es befremdlich, dieses durchgekaute Gummibärchen auf dem
Ultraschall-Monitor zu sehen. Eine kleine Träne kullerte, als der Arzt meinte:
2cm lang und hier kann man das Herz puckern sehen.
Noch
befremdlicher fand ich dann die Informationsblätter zur Pränataldiagnostik, die
in der Schwangerschaftswoche 11-13 durchführbar ist, welche ich bis zum
nächsten Termin lesen sollte. Versorgt mit lauter sonderbaren Informationen,
die NICHTS aussagen. Sie informieren, wann man welchen Test machen kann, und
behaupten auch sie beschrieben, wie der Test gemacht wird. Aber das tun sie
nicht! Sie sagen nur, wie das Material für den Test gewonnen wird (Blutabnahme,
Fruchtwasserpunktion, Nabelschnurpunktion, …). Wie der Test dann wirklich im
Labor gemacht wird, sagt keiner. Ich bin glücklicherweise in der Lage,
Labortest zu verstehen und deren Grenzen zu ermessen. Meine Studienfachwahl war
wohl nicht ganz sinnlos… ABER: herauszufinden, welcher Test wirklich WAS kann,
ist harte Recherche-Arbeit!
Man
könnte für all diese Tests klar darstellen,
- was sie messen
- was sie nachweisen können und was nicht
- was die angegebenen Wahrscheinlichkeiten bedeuten (falsch positiv, falsch negativ)
- welche Konsequenzen was hat
- welche Alternative es gibt
Aber
das wird nicht klar dargestellt. Das hat mich geärgert. Das hat mir Arbeit
bereitet. Das ist doch Mist!
Ich
habe mir viele Gedanken gemacht, Sorgen gemacht. Komisch. Vor diesen
Infoblättern hatte ich keine Sorgen… Der Held konnte mit all dem
Wahrscheinlichkeitskram und den biochemischen Assays nichts anfangen und war
noch hilfloser als ich.
Also
sind wir zu einer Beratung in ein Familienzentrum. Hilft ja nix. Ich wollte da
auch nicht von meinem Frauenarzt beraten werden – das stellte sich im
Nachhinein als richtige Bauchentscheidung heraus.
Unser
Termin war bei einer ehemaligen Hebamme und besonders EIN Satz blieb beim Held
und mir wie eingebrannt zurück: „man sollte doch guter Hoffnung sein“. Ganz
genau. Mir wurde spontan klar, wie sehr mich diese Planungen/Gedanken und
wissenschaftlichen Recherchen von unserem Kind weggebracht hatten. Wie groß meine
Distanz in dieser kurzen Zeit geworden war. Wie sehr die Sorgen statt der
Vorfreude (und uaaaa-ich-bin-echt-schwanger-Panik) im Vordergrund standen. Hui.
Also wieder zurück zum Kind. Um das ging es schließlich auch. Unser Kind und
unsere Bereitschaft es anzunehmen. Wir hatten relativ schnell für uns klar:
invasive Methoden (z.B. Fruchtwasseruntersuchung) wollten wir nicht.
Nicht-invasive Methoden liefern noch vagere Schätzwerte und können nur sehr
wenige Krankheiten nachweisen. Maßgeblich Trisomie 13, 18 und 21. Also
überlegten wir (und jeder kann das nur für sich selbst entscheiden):
Trisomie
21 wäre für uns kein Grund, das Kind abzutreiben.
Trisomie
13 und 18 bedeuten oft kaum Überlebenschancen für das Kind. Diese Erkrankungen
sind allerdings meist auch in einem späteren Ultraschall erkennbar (sog.
Feindiagnostik in der 20. Schwangerschaftswoche – auch eine Pränataldiagnostik).
Bleibt also die Entscheidung: jetzt auf 13/18 prüfen lassen oder auf den Ultraschall
warten?
Was
bedeutet jetzt testen?
Sollte
laut Test Verdacht auf Trisomie 13 oder 18 bestehen, so wäre es nur eine
Schätzung – es kann auch ein falsches Ergebnis sein. Festigen/wiederlegen könnte
man diesen Verdacht dann nur mit invasiven Methoden und das wollten wir ja
nicht. Alternativ bliebe also nur abwarten was der Ultraschall sagt (also
wochenlang Sorgen und Angst) oder unser Kind auf Basis von Wahrscheinlichkeiten
abtreiben. Hhmmm – klag für uns irgendwie alles doof.
Sollte
der Test negativ ausfallen, könnten beim Ultraschall dann trotzdem Hinweise auf
Trisomie 13 oder 18 erkennbar sein, denn der Test liefert ja nur eine
Wahrscheinlichkeit! Also irgendwie auch sinnlos.
Solltet Ihr Euch mit
diesen Themen/Entscheidungen rumquälen und Euch allein fühlen – schreibt mir
gern. Ich kann zwar keine fachliche Hilfe geben, aber vielleicht helfen Euch
meine Gedanken um die Euren zu sortieren und zu Eurem sorgenfreien „wir kriegen
ein Kind“ zurückzufinden.
Denn allein ist man
damit als Paar (oder vielleicht als werdende Mama oder Papa) – vor der 13
Schwangerschaftswoche sollte man von dem kommenden Kind ja lieber noch keinem im
direkten Umfeld berichten. Also hat man im Extremfall wirklich nur einander, um
dieses Thema zu diskutieren und Entscheidungen zu finden. Nicht leicht. Aber
auch nicht unmöglich. Und Familien-Hilfen/Hebammen können Euch da ebenfalls
massiv unterstützen. Einzig die Entscheidung selbst kann Euch keiner abnehmen.
Unsere Entscheidung: wir
ließen so früh nichts testen und würden
dafür den Ultraschall in Schwangerschaftswoche 20 in Anspruch nehmen. Sollten
dann schwere Fehlbildungen zu sehen sein, würden wir weitersehen. Aber erstmal:
guter Hoffnung sein! Und so langsam wuchs dann auch der Bauch zu einer
sichtbareren kleinen Murmel.
Ich war erleichtert.
Was mich zusätzlich umgehauen hat (und das sollte noch öfter so kommen) war
mein Held. Also genauer gesagt mein Held und ich. Wir waren uns recht schnell
einig. Was wir warum wollen und was nicht. Wow. Eine unserer ersten
Entscheidungen als Eltern. Nicht werdende, sondern schon seiende. Welche
Untersuchung lassen wir machen? Das wird ja immer so weitergehen. Welche
Impfung? Homöopathische Medikamente? … Tausende Entscheidungen. So fühlt sich
das also an, wenn man für jemand anderen verantwortlich ist. Puh…
Erster Brachialvorgeschmack
aufs Familie sein.
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